Anfrage zur "Affäre ehemaliger Vormundschaftssekretär"

Eine Anfrage von Samuel Lienhart im Namen der SP-Fraktion.

Am 12. Juni 2013 wurde bekanntlich der frühere Sekretär der Vormundschaftsbehörde der Stadt Bülach vom Bezirksgericht Bülach erstinstanzlich zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten bedingt verurteilt. Ihm wird Betrug und Veruntreuung zu Lasten von IV- und AHV-Rentnern vorgeworfen. Anlässlich der Gerichtsverhandlung wurde bekannt, dass es sich dabei ausschliesslich um Einwohner von Bülach handelt, welche schwer invalid oder hochbetagt sind. Die Geschädigten hatten die Stadt Bülach entweder direkt oder über Angehörige um Hilfe in administrativen Belangen ersucht. Der Vormundschaftssekretär übernahm diese Betreuung und tätigte Bezüge von ihren Konten, welche er zum Teil für private Zwecke verwendete. Es entstand den Geschädigten ein Schaden in der Höhe von zwischen Fr. 3'000.00 und 15'000.00. Der Vormundschaftssekretär wurde nach Bekanntwerden der Strafuntersuchung von der Stadt Bülach fristlos entlassen. Er behauptete im Strafprozess zu seiner Verteidigung, die von ihm abgezweigten Gelder seien sein Honorar für seine Bemühungen gewesen. Seitens der Stadt Bülach wurde der Staatsanwaltschaft jedoch versichert, dass die Betreuung durch die Stadt für die Geschädigten unentgeltlich gewesen wäre. Obwohl das Urteil noch nicht rechtskräftig ist und der ehemalige Vormundschaftssekretär bereits Berufung gegen das Urteil einlegte, stellen sich uns schon heute folgende Fragen, welche wir dem Stadtrat zur Beantwortung unterbreiten:

  1. Ist es richtig, dass der unmittelbar Vorgesetzte, der Stadtschreiber und der zuständige Stadtrat bereits lange vor Einleitung des Strafverfahrens Kenntnis von dieser angeblich privaten Betreuungstätigkeit durch den VB-Sekretär hatten?
  2. Trifft es zu, dass die anderen städtischen Stellen davon ausgingen, der VB-Sekretär handle als solcher und nicht privat?
  3. Ist es richtig, dass der VB-Sekretär zeitweise Briefkopfpapier der Stadtverwaltung Bülach und auch die Post- und E-Mail-Adresse der Stadtverwaltung für seine angeblich private Tätigkeit verwendete?
  4. Trifft es zu, dass der VB-Sekretär zwar einige Zeit vor der Entlassung deswegen ermahnt wurde, dass man ihn aber seine angeblich private Tätigkeit weiterhin ausüben liess?
  5. Ist es richtig, dass dem VB-Sekretär eine Nebenerwerbstätigkeit aufgrund der personalrechtlichen Bestimmungen ohne weiteres hätte untersagt werden können?
  6. Trifft es zu, dass der VB-Sekretär über die von ihm betreuten Rentner und Rentnerinnen kein Dossier anlegte, sodass die Vormundschaftsbehörde nach Auffliegen der Affäre keine Kenntnis hatte, wer davon betroffen war?
  7. Ist es richtig, dass er als VB-Sekretär solche Dossiers hätte anlegen und der Vormundschaftsbehörde zur Prüfung und Anordnung von Massnahmen unterbreiten müssen?
  8. Trifft es zu, dass die Stadt Bülach zu den Vorgängen in der Vormundschaftsbehörde eine Administrativuntersuchung in Auftrag gegeben hatte und dass im Bericht dazu die angeblich private Betreuungstätigkeit vom Vormundschaftssekretär als nicht vereinbar mit seiner Stellung als VB-Sekretär bezeichnet wurde?
  9. Ist es richtig, dass im Bericht massive Mängel in der Amtsführung des VB-Sekretärs festgehalten wurden?
  10. Trifft es zu, dass am selben Tag, an dem dieser Bericht bei der Stadt Bülach eingegangen war, eine Krisensitzung stattfand, an der unter anderem der Stadtschreiber und Stadtrat Marc Eberli teilnahmen?
  11. Ist es richtig, dass anlässlich dieser Sitzung beschlossen wurde, dass Geschädigte, welche sich wegen des veruntreuten Geldes an die Stadtverwaltung wenden würden, abgewiesen werden sollten mit der Begründung, die Stadt habe nichts mit dieser Sache zu tun, weil es sich um eine reine Privatsache des VB-Sekretärs handle?
  12. Ist die Stadt Bülach der Meinung, dass sich der damalige Vormundschaftssekretär in seiner Funktion gegenüber den Geschädigten korrekt verhielt und sich in seinem Amt keinerlei Fehler zuschulden kommen liess?
  13. Trifft es zu, dass sich die Stadt Bülach in Kenntnis der damaligen Missstände in der Vormundschaftsbehörde mit einer Ausnahme bis heute weigerte, den geschädigten Rentnern den durch die Handlungen des VB-Sekretärs entstandenen Schaden zu ersetzen?
  14. Was gedenkt der Stadtrat im Falle dieser vom ehemaligen VB-Sekretär geschädigten Personen zu tun?
  15. Wurde der Bericht über die Administrativuntersuchung der zuständigen Fachkommission zur Kenntnis gebracht? Wenn nein: weshalb nicht?
  16. Was gedenkt der Stadtrat zu tun, damit solche Missstände nicht mehr eintreten?